IT im Fokus: Welche Folgen hat es, wenn die Menschen remote und weltweit arbeiten?

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IT im Fokus: Welche Folgen hat es, wenn die Menschen remote und weltweit arbeiten?

Was passiert, wenn Ihr Unternehmen auf Remote-Arbeit umstellt und Sie plötzlich damit konfrontiert sind, über verschiedene Zeitzonen hinweg arbeiten zu müssen? Und was, wenn die Personalabteilung ganz neue Wege einschlagen und eine Unternehmenskultur im Cyberspace entwickeln muss? Wie geht das? Die IT steht gerade vor großen Veränderungen.

29. September 2021 | in 6 Minuten gelesen

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Alles fing mit dem Lockdown an, der, so die Anfangsplanung, nur wenige Wochen dauern sollte. Unternehmen fast aller Branchen versuchten ihre Beschäftigten möglichst schnell mit den Tools auszustatten, die sie für ein „kurzzeitiges“ Arbeiten im Homeoffice brauchen würden. Nun, wir wissen alle, dass aus den wenigen Wochen Jahre geworden sind. Schnelle Übergangslösungen etablierten sich langfristig und plötzlich hatten die Unternehmen eine grundlegende Infrastruktur, mit der Beschäftigte von überall aus arbeiten konnten, und nicht wenige fragten sich, warum sie Fachkräfte nicht auch weltweit einstellen sollten.

Darüber hinaus hatten in der jüngeren Vergangenheit verschiedene Länder ihre Türen für digital Arbeitende geöffnet und begannen, Aufenthaltsgenehmigungen auszustellen oder besondere Visa und andere Anreize, um Professionals zu gewinnen, die Lust auf eine neue Herausforderung hatten. Zwischen diesem Szenario und internationalen Einstellungen könnten viele Firmen sich von der Konzentrierung in einigen wichtigen Gegenden hin zu einem wirklich global aufgestellten Unternehmen entwickeln, mit verschiedenen Zeitzonen und zu 100 % remote. Dabei hat die IT die Aufgabe, neue Arbeitsweisen zu entwickeln, die mit diesem Modell in Einklang stehen.

In den USA, wo 70 % der in Büros Beschäftigten vollständig im Homeoffice arbeiten, musste die IT den Geschäftsbetrieb vollkommen neu denken. Als leitender ITler sehe ich bisher schon drei Bereiche, die grundlegende und maßgebliche Änderungen haben werden: die digitale Mitarbeitererfahrung, das asynchrone Arbeiten und die Automatisierung. In diesen Bereichen werden meiner Ansicht nach Teams wie das meine im Hinblick auf die neue Arbeitsweise eine Vorreiterrolle übernehmen.

Aufbau von Mitarbeitererfahrung im Cyberspace

2021 begannen Nachrichtenagenturen von einem neuen Phänomen zu berichten, etwas, was sie The Great Resignation nannten, oder die große Kündigungswelle: tausende und abertausende von Beschäftigten verließen jeden Monat ihren Job, getrieben von Burnout, Frust oder auch neuen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Eine Momentive-Studie ergab, dass eine/r von vier Angestellten überlegt, in den nächsten sechs Monaten die Arbeitsstelle zu kündigen, und laut einem Bericht von Gallup sind die Quoten für das Mitarbeiterengagement auf einem historischen Tief angelangt (in den USA und in Kanada liegt der Wert bei 20 bis 30 Prozent). Daher hat die Mitarbeitererfahrung jetzt in fast allen Branchen Top-Priorität. In der Vergangenheit hätte sich der Personalbereich mit dieser Problematik beschäftigen müssen. 2021 gilt dies auch für die IT.

Da den Menschen keine physischen Kontaktpunkte wie Firmenfeiern, Veranstaltungen im Office oder persönliche Treffen mehr zur Verfügung stehen, über die sie persönliche Beziehungen zu den Kollegen und Kolleginnen und dem Arbeitgeber aufbauen können, muss dies nun über die technische Ebene laufen. Dies bedeutet wiederum, dass sich die IT stärker mit der Personalabteilung abstimmen muss, damit sie ein klares Bild davon gewinnt, wie sie die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer digitalen Kultur unterstützen kann.

Viele Organisationen haben erkannt, dass flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit, einen anderen Arbeitsort zu wählen, und der Zugang zu den neusten Collaboration-Tools die Beschäftigten stark zum Bleiben animiert. Dazu müssen die IT-Teams eingebunden werden, denn sie sollen ein System aufbauen, das – schnell – eine gute virtuelle Mitarbeitererfahrung ermöglicht. Andere nutzen virtuelle Events, um die Belegschaft zu motivieren. Oder Tools wie Sendoso, eine Geschenkeplattform, oder Bonusly, über die sich die Mitarbeitenden gegenseitig mit Mini-Boni belohnen können. 

Außerdem müssen die Firmen Softwarelösungen finden, mit denen sie regelmäßig Feedback von ihrer Homeoffice-Belegschaft erfragen können. Dadurch erfahren die Unternehmen, wie motiviert und produktiv die Mitarbeitenden sind, und können die Mitarbeitererfahrung kontinuierlich optimieren. Möglicherweise gibt es je nach Land und Kultur auch Empfindlichkeiten oder Bedürfnisse, die der Personalabteilung noch nicht bekannt sind, oder aber Sorgen in Bezug auf Diversität, Chancengleichheit und Inklusion. Die IT hat die Aufgabe, auch hier aktiv mitzugestalten und die Dinge zu vereinfachen. 

Mit jeder Initiative in Bezug auf die Mitarbeitererfahrung gilt es für die IT, für jede Mitarbeiterregion Datenschutz- und Sicherheitsüberlegungen anzustellen. Außerdem müssen folgende Fragen geklärt werden: Wie fügen sich die neuen Lösungen in die vorhandene Technik ein? Und wie können wir die Daten so speichern und effektiv organisieren, dass sie die Unternehmensziele unterstützen? Bei Mitarbeitererfahrung denkt man sicher nicht zuerst an die IT, aber sie ist, in der Tat, eine IT-Priorität geworden. 

Einrichtung einer asynchronen Arbeitsumgebung

Eine der größten Herausforderungen für die neue globale Belegschaft ist etwas, womit wohl alle Remote-Arbeitenden bereits persönlich ihre Erfahrung gemacht haben: Zeitzonen. Die meisten Unternehmen sind so aufgestellt, dass der Großteil der Professionals pro Woche mehrere Stunden in Meetings verbringt (bis zu 15 % der Arbeitszeit laut einer Studie, die im Harvard Business Review veröffentlicht wurde). Bei einer global verteilten Belegschaft kann die Einberufung von Meetings, die für die verschiedenen Zeitzonen funktionieren, äußerst frustrierend sein.

Und damit nicht genug: Das Forschungsteam von Momentive fand heraus, dass 74 % der Mitarbeitenden meinen, dass für einige ihrer Meetings auch eine E-Mail ausgereicht hätte, ein Gefühl, das Sie vielleicht kennen. Für mich bedeutet dies, dass eine meeting-zentrierte Arbeitsweise für Unternehmen kein zukunftsfähiger Ansatz ist. Meiner Meinung nach müssen wir zu einer asynchronen Arbeitsweise übergehen, in der die Menschen nach ihrer Zeit und ihren eigenen Terminkalendern entsprechend an Projekten zusammenarbeiten. 

Stellen Sie sich vor, die Beschäftigten könnten statt Meetings einen einfachen Bot nutzen, der ihre Fragen beantwortet. Oder stellen Sie sich eine interne Datenbank vor, über die neue Ressourcen abgerufen werden können, oder ein virtuelles Schwarzes Brett, wo alle ihre Ideen darstellen. Diese Lösungen könnten für alle Abteilungen verfügbar sein, oder eben für einzelne Teams.

Ich glaube, dass wir hinsichtlich der Innovationen auf diesem Gebiet noch ganz am Anfang stehen. Aber mit dem Wachsen der globalen Gesellschaft werden sich auch die Innovationen weiterentwickeln. Und genau hier kann die IT die Chance ergreifen und die Vorreiterrolle übernehmen, wenn es um das Neudenken der Funktionsweise von Unternehmen und Organisationen geht. 

Es gibt vielfältige Lösungen für die Zusammenarbeit, die asynchrone Remote-Arbeit erleichtern, und sie müssen einzeln unter Berücksichtigung der Faktoren wie Unternehmensziele, vorhandene Technikumgebung und Datenschutzanliegen bewertet werden. Auf IT-Teams, die ihren Job gut machen wollen, kommen durch die Transformation zu asynchroner Arbeit wesentlich mehr Aufgaben zu. Andererseits wird durch diese neue Arbeitsweise auch die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit wesentlich effektiver. 

Vernünftige Automatisierung – mit Maß 

Automatisierung ist zu Recht ein heißes Thema. Wenn Algorithmen Ermessensentscheidungen durch eine Black Box ersetzen, kann dies blinde Flecken und dauerhafte Verzerrungen zur Folge haben. Aber Automatisierung gehört auch die Zukunft. Und wenn Unternehmen sie mit Vernunft und Maß einsetzen, können sie wesentlich agiler und in skalierbarem Umfang agieren.

Automatisierung wird im Laufe der Globalisierung ein wesentlicher Motor sein. Sie ist der Weg, um in Projekten die nächsten Schritte anzustoßen, sorgt für die Vernetzung und Kommunikation der Mitarbeitenden untereinander und erlaubt das „In-Verbindung-Bleiben“ mit den Kunden, unabhängig von deren jeweiliger Zeitzone. Die IT wird lernen müssen, wie Automatisierungslösungen zu bewerten sind und wie sie zwischen guten und schlechten Automatisierungen unterscheiden kann. „Gut“ ist hier gleichzusetzen mit höherer Effektivität und „schlecht“ mit der Black Box.

Fabrizio Biscotti, Research Vice President bei Gartner, meint: „Hyperautomatisierung hat sich von einer Option zu einer Bedingung fürs Überleben entwickelt. Die Organisationen werden ihre Pläne für eine digitale Transformation in dieser Welt nach Corona, in der Digitalität an erster Stelle steht, beschleunigen müssen. Und dafür benötigen sie mehr Prozessautomatisierung sowohl für die IT als auch für den Betrieb selbst.“ Das ist auch meine Meinung. Sich mit der Automatisierung anzufreunden ist zu einem Muss geworden.

Wenn die IT-Teams als führend dastehen möchten, sollten sie anfangen darüber nachzudenken, welche Automatisierungsoptionen sich für ihr Unternehmen bieten und wie sich die Automatisierung auf die verschiedenen Betriebsbereiche auswirkt. 

Seit dem Entstehen der IT in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich viel geändert. Anfangs bestand ihre Verantwortlichkeit im Wesentlichen darin sicherzustellen, dass die Computer funktionierten. Als das Informationsmanagement mit der Zeit für den geschäftlichen Erfolg immer zentraler wurde, nahm seine Funktion an Bedeutung zu und es wurde letztlich zum Schlüsselelement des Betriebs, der Strategien und sogar der Produkte. 

Jetzt haben wir es sehr häufig mit einer überwiegenden Remote-Belegschaft zu tun und die IT ist das Fundament, auf das die Unternehmen bauen. Ich für meinen Teil freue mich darauf zu entdecken, was wir als Nächstes mitgestalten können. 

Eric Johnson ist Chief Information Officer bei Momentive.

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